in memoriam Manfred Hausmann (03.10.1940 - 16.02.2004)
Letztes Update: 07.09.2019
Die schmiedeeiserne Eingangstür ist bis heute erhalten geblieben. Der Zustand desselben ist nicht mehr ganz so gut...
Angefertigt wurde das Tor von der Firma Schönemann, welche auch an der Restaurierung der Schmiedearbeiten des Dresdner Zwingers beteiligt war.
Die gesamte untere Etage beherbergte die Drogerie Hausmann, Büroräume und ein Bestellcenter für diverse Versandhäuser.
 
 
 
Mitteldeutsche Zeitung - Mittwoch, 12. September 2001
EINZELHANDEL

Kein Urlaub seit 10 Jahren

Hausmann hat Optimismus verloren -
Drogerie schließt wohl in wenigen Monaten

Von Caroline Franke

Dessau/MZ.
Seit früh um sieben Uhr steht Manfred Hausmann hinter seinem Ladentisch in der gleichnamigen Drogerie in der Törtener Straße. Morgens kommen immer ein paar Kinder und kaufen Süßigkeiten für die Schule. Später wird es dann weniger, nur vereinzelt betreten Kunden den kleinen Laden, kaufen eine Zeitschrift oder Bier. Sie gehören gewissermaßen zum Kundenstamm und Hausmann ist froh, dass sie ihr Geld noch zu ihm tragen. Denn seit vor einem Jahr eine Drogeriemarktfiliale in der Ackerstraße eröffnet hat, sieht der Drogist schwarz für sein Geschäft.
Als Hausmann vor zehn Jahren, wie er sagt, die erste privat geführte Drogerie in der Bauhausstadt eröffnete, hätte er nicht gedacht, wie sich die Sache einmal entwickelt. "Wir waren in vielen Dingen was ganz Besonderes. So hatten wir zirka 100 Mustertapeten zur Auswahl. Das war einmalig in Dessau", erinnert er sich. Die Kunden wären immer zufrieden gewesen, dankten es dem Geschäftsmann mit Treue.
"Wir haben gekauft, was der Kunde verlangte. Und das wusste dieser zu schätzen", erzählt Manfred Hausmann. Das Sortiment auf den über 100 Quadratmetern Verkaufsfläche war breit gefächert. Von Kosmetikartikeln über Pharmazeutika bis hin zu Farben und Lacken hatte der Drogist alles zu bieten. "Wir hatten drei Lackierer zur Hand. Der Kunde konnte einen Lack kaufen und gleich sein Auto lackieren lassen. Wir hatten auf acht Metern Autolacke, da gab es nur vier Verkaufsstellen in ganz Dessau", sagt Hausmann stolz.
Doch die Zeiten änderten sich für den ehemaligen Konsum-Mitarbeiter. Nach der Wende eröffneten Drogerieketten ihre Filialen, die Produkte preiswerter verkaufen konnten. Hausmann: "Ich habe eben nur zehn Haarfärbungen bestellt, die Ketten kaufen Massen auf, erhalten Mengenrabatte und können die Ware günstiger anbieten." Die Kunden hat das nicht interessiert. Von dem geringen Umsatz, den der Drogist nur noch verbuchte, konnte er die Miete nicht mehr bezahlen, musste seine Angestellten entlassen.
So gab der jetzt 60-Jährige sein Eckgeschäft auf und zog in eine Hausdurchfahrt wenige Meter von seinem alten Laden entfernt. Den Laden wollte Hausmann an seine Kinder weitergeben. Sein Sohn kam 1999 extra nach Dessau zurück. "Sechs Lehrlinge hatten wir, darunter auch meine Tochter Susanne. "Eine Zukunft wollte er ihnen bieten, doch nun glaubt Hausmann nicht mal mehr daran, den Laden allein über die Runden bringen zu können. Im ehemaligen Geschäft wird nun Obst und Gemüse verkauft. Er selbst zahlt Miete für seinen engen Verkaufsraum.
Seine Stammkunden kommen nach wie vor. Doch kann Hausmann von dem Erlös nicht mehr leben. "Zu DDR-Zeiten war alles leichter, da gab es Einheitspreise für die Waren und man konnte die Käufer mit Kompetenz und Freundlichkeit überzeugen", zieht er seine ganz persönliche Bilanz. "Heute geht das nicht mehr. Da bietet jeder jedes und es dreht sich nur noch um den Preis." Auch für die kleinen Gespräche über den Ladentisch haben die wenigsten noch Zeit. Die Kunden, die diesen zwischenmenschlichen Service zu schätzen wussten, wohnen nun auch nicht mehr dort. Der Leerstand im Stadtgebiet rund um die Ackerstraße ist enorm gestiegen. Viele seiner ehemaligen Kunden sind schon alt, können oft nicht mehr auf die Straße oder sind in seniorenfreundliche Blocks umgezogen. Der Drogist liefert ihnen die Waren nach Hause. "Das ist nur ein Bruchteil von dem, was ich verdienen müsste, damit es sich leben lässt. Die jungen Leute gehen im Zentrum einkaufen."
Hausmann sieht für sein Geschäft keine Chance mehr. Am 31. Dezember dieses Jahres wird der Geschäftsmann wohl die Türen endgültig schließen. Für die Rente ist er dann allerdings noch zu jung. Erst mit 63 Jahren, so ist es vertraglich geregelt, darf der Senior in den Ruhestand gehen.
Wie es weitergehen soll, weiß er nicht. "Wir können nicht mal in den Urlaub fahren", sagt er. "Zum Sparen war ja nie was übrig. "Seit zehn Jahren konnten sich die Hausmanns dieses Vergnügen nicht mehr gönnen. Doch verbittert ist Manfred Hausmann nicht. "Wir sind in einer Zeit aufgewachsen, in der wir gelernt haben sparsam zu sein. Ich kenne es ja nicht anders."

Manfred Hausmann eröffnete vor 10 Jahren seine Drogerie. Zum Jahresende werden sich die Türen wahrscheinlich für immer schließen. Die Konkurrenz ist zu groß geworden.
zurück