Geschichte der Dessauer Friedensglocke
Letztes Update: 06.09.2019
  • 20. Oktober 1989: Nach einem Friedensgebet in der Johanniskirche findet die erste Demonstration der Wendezeit in Dessau statt, die zweite folgt am 27. Oktober.

  • 3. November 1989: In Dessau demonstrieren 70.000 Menschen.

  • 6. Dezember 1989: Die Belegschaft der Magnetbandfabrik fordert in einer demokratischen Abstimmung die Entfernung der SED, der Staatssicherheit und der Kampfgruppen aus dem Betrieb. Gleichzeitig fordert sie die Vernichtung der Kampfgruppenwaffen.

  • 31. Januar 1990: Nach einer einmaligen basisdemokratischen Leistung, einem einstimmigen Beschluss des Dessauer Runden Tisches und zähen Verhandlungen mit Vertretern der Modrow-Regierung werden die Waffen der 11 Dessauer Hundertschaften der "Kampfgruppen der Arbeiterklasse", durch Überrollen mit einem Panzer unbrauchbar gemacht. Das waren 1250 Kalaschnikows, 174 leichte Maschinengewehre, 87 Panzerbüchsen, 171 Pistolen... Diese Aktion sollte eine Initialzündung für die gesamte DDR sein, es gab schließlich 450.000 Kämpfer in den Kampfgruppen. Leider gelang das nicht.

  • Februar/März 1990: In vielen Stunden unbezahlter Freizeitarbeit zerlegen Mitarbeiter der Magnetbandfabrik und mithelfende Dessauer den Waffenschrott in seine Bestandteile Stahl, Holz, Plaste, Leder, Gurte ...

  • 15. März 1990: Der Waffenschrott wird in der Stahl- und Eisengießerei ASUG in Dessau eingeschmolzen. Es entstand ein Schrottklotz von mehr als 4 Tonnen, der nach einer Irrfahrt zum Stahlwerk Brandenburg (Havel) auf dem Hof der Kirche St. Peter und Paul in der Zerbster Straße 48 gelagert wird.

  • April 1990: Erster Kontakt zu den bekanntesten Glockengießern Mitteldeutschlands: Der Familie Schilling in Apolda. Schillings entwerfen die Form für eine gut 4 Tonnen schwere Stahlglocke und empfehlen die Glockengießerei Carl-Metz-GmbH in Karlsruhe für die Realisierung. Über wichtigen sozialen Aufgaben für Osteuropa wird die Idee der Friedensglocke fast vergessen.

  • 31. Januar 1997: Das "Kuratorium Friedensglocke Dessau e. V.", das der Stadt Dessau zum Gedenken an die friedliche 89er Revolution eine Friedensglocke aus dem Waffenschrott schenken will, gründet sich. Das Kuratorium Friedensglocke sammelt Spenden zur Finanzierung des Vorhabens. Die Glocke soll, wie die Waffen, ca. 4 Tonnen schwer werden. Sie wird etwa 2 Meter hoch sein und einen Durchmesser von 2,1 Metern haben.

  • 31. Januar 2000: Der Glockengießermeister Rudolf Perner (Passau / Karlsruhe) erhält den Auftrag zur Herstellung der Friedensglocke. Er fertigt in Karlsruhe die Formen für die Glocke.

  • 21. Juni 2000: Der Stadtrat beschließt, dass die Stadt Dessau die Planung, Finanzierung und Realisierung des Glockenstuhles übernimmt. Das Kuratorium realisiert die Glocke samt Klöppel und Läuteeinrichtung.

  • 29. September 2000: Der Waffenschrottklotz wird bei ASUG in Dessau geschmolzen und in die Glockenform gegossen. Anschließend korrigiert der Dessauer Kunstschmiedemeister G. Frank Schönemann in Reppichau kleine Gussfehler und verschönert die Inschriften: "+ Ich läute für Frieden und Freiheit + Ohne Freiheit kein Frieden + Ohne Frieden keine Freiheit +" und "Keine Gewalt", der Ruf der Wende-Demonstrationen. Die Glocke erhält in Köthen ihren wetterfesten Korrosionsschutzmantel.

  • 1. Oktober 2001: Die Dessauer Friedensglocke wird auf dem (kleinen) Markt provisorisch aufgestellt.

  • 3. Oktober 2001: 11. Jahrestag der Deutschen Einheit, 12 Uhr: Viele Menschen versammeln sich zum ersten ökumenischen Friedensgebet an der Friedensglocke.

  • Herbst 2002: nach 2 Architektenwettbewerben und vielen Diskussionen um Standort und Gestalt wird schließlich der von dem Dessauer Architekten Dieter Bankert entworfene Glockenstuhl realisiert und die Dessauer Friedensglocke daran aufgehängt. Nach dem Willen des Architekten soll sie zum Läuten nicht schwingen, sondern erhält einen elektronisch gesteuerten Hammer (wie ein Glockenspiel). Die Glocke hat einen guten Klang. Sie klingt in einem tiefen C moll.

  • 9. November 2002: Am 13. Jahrestag des Falls der Mauer wird die Dessauer Friedensglocke in einem Ökumenischen Friedensgebet durch Kirchenpräsident Klassohn und Propst Dr. Nachtwei eingeweiht.

  • Seit dem finden an der Dessauer Friedensglocke Friedensgebete, Demonstrationen für Frieden und Gerechtigkeit der unterschiedlichsten Gruppen und andere ähnliche Veranstaltungen statt.

  • Die Dessauer Friedensglocke läutet an jedem Freitag um 18 Uhr zum Gedenken an die Friedensgebete in der Wendezeit. Diese fanden in Dessau immer freitags zu dieser Zeit statt.

    Quelle:Lothar Ehm, Dessau (Festschrift 150 Jahre St. Peter und Paul)
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