* 11.09.1881 Elberfeld
+ 25.1.1922 in Dessau
war eine bekannte Dessauer Kammersängerin (Altistin).
Ab 1. Oktober 1910 war sie am Herzoglichen
Hoftheater in Dessau engagiert. Lily Herking wurde im Oktober 1915 zur
Hofopernsängerin und am 12. April 1919 zur Kammersängerin ernannt.
Sie kam beim schrecklichen Brand des Dessauer Theaters am 25.1.1922 ums
Leben. Dieser Brand ist der Dessauer Bevölkerung im Gedächtnis
geblieben. Heute ist ein Platz, direkt neben dem Alten Theater, nach ihr
benannt.
Lily Herking war die Mutter der Schauspielerein und Kabarettistin Ursula
Herking.
Ihr Ehemann Willy Klein, war ein bekannter Dessauer Schauspieler.
Berichte über den Brand des Friedrichtheaters
1922
Die erste Nachricht, die uns wenige Minuten nach Ausbruch des Feuers
erreichte, wusste zu melden, dass das Kammerspielhaus brenne. Aber die
sofort zur Unglücksstätte Eilenden sahen die großen Rauchschwaden
aus dem Bühnenhaus des Friedrich-Theaters herausquellen, und zwar
in Massen, die beängstigend wirkten. Der Durchgang zwischen Theater
und Kammerspielhaus war in seiner ganzen Länge verqualmt, und einzelne
Neugierige, die von der Wallstraße her vorgedrungen waren, vermochten
nur mit Mühe die Kavalierstraße zu erreichen.
Sehr bald sammelte sich vor dem Theater eine Menschenmenge an, die sich
in kurzer Zeit auf Tausende vermehrte. Erst allmählich konnte man
daran denken, eine Absperrung vorzunehmen, die die Strecke von der Fürstenstraße
(heute Friedrich-Naumann-Straße) bis zur Post einbezog. Bald war
die Feuerwehr zur Stelle. Ihre Aufgabe war es zunächst, die gefährdeten
Menschenleben in Sicherheit zu bringen, und sie konnte hier das Werk fortsetzen,
das einzelne tapfere Angestellte des Theaters schon begonnen hatten. Alsbald
kam die später leider als unrichtig festgestellte Nachricht, dass
Menschen nicht mehr im Theater seien.
Die Feuerwehr begann ihre Lösch arbeit während schon die Feuergarben
vorn an der Kavalierstraße zum Dach herauszuckten und einzelne Flammen
über die Straße hinweg, über Palais und Gymnasium getragen
wurden. Die Automobilspritze trat in Tätigkeit, aber die Kälte
war derart, dass der erste Schlauch, der die Wasserstrahlen in die Höhe
tragen sollte, sofort platzte. Auch die Schwierigkeiten der Wasserentnahme
waren nicht unerheblich; die Schlauchleitungen mussten auf stattliche
Entfernungen angelegt werden. Allmählich rückten die Fabrikwehren
und eine Magdeburger Spritze heran, die im Sonderzug herbeigeeilt war.
um die Dessauer zu unterstützen.
Die beiden Nachbarhäuser zur Linken und zur Rechten in der Kavalierstraße
schienen stark gefährdet. Namentlich für das Sonnenthalsche
Grundstück (Kavalierstraße 26) musste man das Schlimmste befürchten,
und zeitweise schien es, als züngelten die Flammen bereits zum Dach
heraus. Die Geschäftslokale in beiden Häusern wurden geschlossen,
und man begann die Wohnungen auszuräumen und das Mobiliar in Sicherheit
zu bringen. Es gelang indessen der Feuerwehr, den Brand auf den Herd zu
beschränken und die Nachbarhäuser außer Gefahr zu setzen.
Vom Dache des Fridericianums blickten zahlreiche Leute auf das grausige
Schauspiel, das sich ihren Augen darbot; ebenso hatte sich auf dem Dache
der Handelsrealschule eine große Menge von Zuschauern versammelt.
Bis in den späten Nachmittag hinein standen auf der Kavalierstraße
und in der Wallstraße dichte Menschenmassen, und einmütig war
überall die Trauer um den furchtbaren Verlust, der Dessau getroffen
hat.
Frau Herkings Tod
Schon in den ersten Nachmittagsstunden liefen Gerüchte um, dass die
Kammersängerin Frau Herking vermisst werde, ebenso ein Feuerwehrmann
und ein junger Friseur (Ernst Kirkam, auch er wurde später tot geborgen).
Anfragen im Josephs-Krankenhause und bei der Polizei ergaben, dass in
der Tat von Frau Herking keine Spur vorhanden sei. Während andere
Gerüchte wissen wollten, die Künstlerin sei gerettet worden.
Bald ergab sich indessen die traurige Gewissheit, dass Frau Herking das
Opfer der Flammen geworden war. Sie weilte in dem Augenblick, da der Brand
ausbrach, im Zimmer des Direktors Meyer in der 2. Etage. Herr Meyer riss,
als man von unten her Lärm hörte, die Tür auf und sah die
Flammen. Er forderte Frau Herking auf, sofort nachzukommen und eilte die
Treppe hinauf, konnte aber nicht mehr zu Frau Herking zurückkehren,
weil ihn eine Stichflamme gefasst hatte. Frau Herking war dann auf der
eisernen Treppe, die in die dritte Etage führt, niedergefallen und
dort bewusstlos geworden. Der Inquisiteninspizient Streller hörte
erst, als er im Krankenhause verbunden wurde, dass Frau Herking vermisst
werde, und eilte nun sofort zur Brandstätte zurück, um die Stelle
zu bezeichnen, an der Frau Herking liegen müsse. Der Tischler Mohs,
der die Räume genau kannte, stieg ins Haus und barg die vollkommen
verkohlte Leiche der Künstlerin, deren Tod um so beklagenswerter
ist, als sie neben dem Gatten, der als Regisseur am Nationaltheater in
Weimar wirkt, ein 12jähriges Töchterchen hinterlässt (die
später bekannte Schauspielerin Ursula Herking).
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