- 20. Oktober 1989: Nach einem Friedensgebet in der
Johanniskirche findet die erste Demonstration der Wendezeit in Dessau
statt, die zweite folgt am 27. Oktober.
- 3. November 1989: In Dessau demonstrieren 70.000
Menschen.
- 6. Dezember 1989: Die Belegschaft der Magnetbandfabrik
fordert in einer demokratischen Abstimmung die Entfernung der SED, der
Staatssicherheit und der Kampfgruppen aus dem Betrieb. Gleichzeitig
fordert sie die Vernichtung der Kampfgruppenwaffen.
- 31. Januar 1990: Nach einer einmaligen basisdemokratischen
Leistung, einem einstimmigen Beschluss des Dessauer Runden Tisches und
zähen Verhandlungen mit Vertretern der Modrow-Regierung werden
die Waffen der 11 Dessauer Hundertschaften der "Kampfgruppen der
Arbeiterklasse", durch Überrollen mit einem Panzer unbrauchbar
gemacht. Das waren 1250 Kalaschnikows, 174 leichte Maschinengewehre,
87 Panzerbüchsen, 171 Pistolen... Diese Aktion sollte eine Initialzündung
für die gesamte DDR sein, es gab schließlich 450.000 Kämpfer
in den Kampfgruppen. Leider gelang das nicht.
- Februar/März 1990: In vielen Stunden unbezahlter
Freizeitarbeit zerlegen Mitarbeiter der Magnetbandfabrik und mithelfende
Dessauer den Waffenschrott in seine Bestandteile Stahl, Holz, Plaste,
Leder, Gurte ...
- 15. März 1990: Der Waffenschrott wird in der
Stahl- und Eisengießerei ASUG in Dessau eingeschmolzen. Es entstand
ein Schrottklotz von mehr als 4 Tonnen, der nach einer Irrfahrt zum
Stahlwerk Brandenburg (Havel) auf dem Hof der Kirche St. Peter und Paul
in der Zerbster Straße 48 gelagert wird.
- April 1990: Erster Kontakt zu den bekanntesten Glockengießern
Mitteldeutschlands: Der Familie Schilling in Apolda. Schillings entwerfen
die Form für eine gut 4 Tonnen schwere Stahlglocke und empfehlen
die Glockengießerei Carl-Metz-GmbH in Karlsruhe für die Realisierung.
Über wichtigen sozialen Aufgaben für Osteuropa wird die Idee
der Friedensglocke fast vergessen.
- 31. Januar 1997: Das "Kuratorium Friedensglocke
Dessau e. V.", das der Stadt Dessau zum Gedenken an die friedliche
89er Revolution eine Friedensglocke aus dem Waffenschrott schenken will,
gründet sich. Das Kuratorium Friedensglocke sammelt Spenden zur
Finanzierung des Vorhabens. Die Glocke soll, wie die Waffen, ca. 4 Tonnen
schwer werden. Sie wird etwa 2 Meter hoch sein und einen Durchmesser
von 2,1 Metern haben.
- 31. Januar 2000: Der Glockengießermeister
Rudolf Perner (Passau / Karlsruhe) erhält den Auftrag zur Herstellung
der Friedensglocke. Er fertigt in Karlsruhe die Formen für die
Glocke.
- 21. Juni 2000: Der Stadtrat beschließt, dass
die Stadt Dessau die Planung, Finanzierung und Realisierung des Glockenstuhles
übernimmt. Das Kuratorium realisiert die Glocke samt Klöppel
und Läuteeinrichtung.
- 29. September 2000: Der Waffenschrottklotz wird
bei ASUG in Dessau geschmolzen und in die Glockenform gegossen. Anschließend
korrigiert der Dessauer Kunstschmiedemeister G. Frank Schönemann
in Reppichau kleine Gussfehler und verschönert die Inschriften:
"+ Ich läute für Frieden und Freiheit + Ohne Freiheit
kein Frieden + Ohne Frieden keine Freiheit +" und "Keine Gewalt",
der Ruf der Wende-Demonstrationen. Die Glocke erhält in Köthen
ihren wetterfesten Korrosionsschutzmantel.
- 1. Oktober 2001: Die Dessauer Friedensglocke wird
auf dem (kleinen) Markt provisorisch aufgestellt.
- 3. Oktober 2001: 11. Jahrestag der Deutschen Einheit,
12 Uhr: Viele Menschen versammeln sich zum ersten ökumenischen
Friedensgebet an der Friedensglocke.
- Herbst 2002: nach 2 Architektenwettbewerben und
vielen Diskussionen um Standort und Gestalt wird schließlich der
von dem Dessauer Architekten Dieter Bankert entworfene Glockenstuhl
realisiert und die Dessauer Friedensglocke daran aufgehängt. Nach
dem Willen des Architekten soll sie zum Läuten nicht schwingen,
sondern erhält einen elektronisch gesteuerten Hammer (wie ein Glockenspiel).
Die Glocke hat einen guten Klang. Sie klingt in einem tiefen C moll.
- 9. November 2002: Am 13. Jahrestag des Falls der
Mauer wird die Dessauer Friedensglocke in einem Ökumenischen Friedensgebet
durch Kirchenpräsident Klassohn und Propst Dr. Nachtwei eingeweiht.
- Seit dem finden an der Dessauer Friedensglocke Friedensgebete,
Demonstrationen für Frieden und Gerechtigkeit der unterschiedlichsten
Gruppen und andere ähnliche Veranstaltungen statt.
- Die Dessauer Friedensglocke läutet an
jedem Freitag um 18 Uhr zum Gedenken an die Friedensgebete in der Wendezeit.
Diese fanden in Dessau immer freitags zu dieser Zeit statt.
Quelle:Lothar Ehm, Dessau (Festschrift
150 Jahre St. Peter und Paul)
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